Psychotherapie - Was ist das?

Mit Psychotherapie werden psychische Erkrankungen, psychische Probleme und zwischenmenschliche Konflikte behandelt. Dabei kommen wissenschaftlich anerkannte Behandlungsverfahren zur Anwendung.

 

Um die Qualität und Wirksamkeit von Psychotherapieverfahren beurteilen zu können, kommen die gleichen wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden zum Einsatz wie bei medizinischen Therapien (z.B. Operationsverfahren oder Medikamenten). Für die Bewertung des Therapieeffektes werden sog. "Effektstärkten" berechnet. Diese liegen im Allgemeinen im oberen Bereich und zeigen ähnlich große Effekte wie operative Methoden (z.B. Bypass-Operation) in der somatischen Medizin. In vielen Studien wird Psychotherapie auch mit einer medikamentösen Therapie verglichen. Die Wirksamkeit von Psychotherapie und Medikamenten wird meist als gleich wirksam bewertet. Teilweise ist die Effektstärkte von Psychotherapien größer, bei deutlich weniger Nebenwirkungen. Auch langfristig weist die Psychotherapie i.d.R. eine bessere Wirksamkeit auf.

 

Manchmal kann aber auch eine Kombination von Psychotherapie und Medikamenten sinnvoll sein. Dies ist abhängig vom Schweregrad und der Art der Erkrankung. In meiner Praxis spreche ich mich daher immer mit Ihrem behandelnden Arzt ab und empfehle Ihnen bei einer begleitenden medikamentösen Therapie zusätzlich einen Psychiater zu konsultieren. Bei einigen Störungen (u.a. Schizophrenie, Bipolare Störung) ist unbedingt eine Mitbehandlung durch einen Psychiater nötig.

 

Generell ist vor Aufnahme einer Psychotherapie immer eine (fach)ärztliche Untersuchung notwendig. Durch meinen medizin-psychologischen Hintergrund, lege ich in meiner Praxis Wert auf eine kooperative Zusammenarbeit mit ärztlichen Kollegen unterschiedlicher Fachrichtungen. Bei manchen Störungsbildern ist eine psychiatrische oder andere medizinische Absprache mit ärztlichen Kollegen unabdingbar für eine gesundheitsförderliche psychotherapeutische Behandlung (z.B. im Bereich der medikamentösen Mitbehandlung oder bei körperlichen Erkrankungen wie MS oder Krebs).

 

Ob Behandlungsverfahren nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) wissenschaftlich anerkannt sind entscheidet der Wissenschaftlichen Beirat für Psychotherapie. Als aktuell wissenschaftlich anerkannt gelten die Gesprächspsychotherapie, die psychodynamischen Verfahren (z.B. Tiefenpsychologie), die Systemische Therapie und die Verhaltenstherapie. Bei diesen Verfahren liegen umfassende wissenschaftliche Belege über die Wirksamkeit in einem breiten Anwendungsbereich vor. Als besonders gut wissenschaftlich untersucht gilt die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Verhaltenstherapie. Keine wissenschaftliche Anerkennung hat z.B. die Psychodramatherapie oder die Körpertherapie. Im Bereich der Verhaltenstherapie werden konstant neue Ansätze untersucht und weiterentwickelt. Die Verhaltenstherapie basiert auf Prozessen der psychologischen Grundlagenforschung.

 

Die wissenschaftliche Anerkennung bedeutet jedoch noch nicht die Kassenzulassung eines Psychotherapieverfahrens bei den gesetzlichen Krankenkassen. Dies wird im Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Auf dessen Basis entscheidet der „gemeinsame Bundesausschuss“, ob die Kassen ein bestimmtes Therapieverfahren bezahlen. Beirat und Ausschuss stimmen sich dabei ab. Die Gesprächspsychotherapie wurde vom Beirat zwar wissenschaftlich anerkannt, vom Ausschuss als Kassenleistung jedoch noch nicht.

Sowohl beim Beirat und beim Ausschuss anerkannt und somit finanziert, werden die Psychodynamischen Verfahren, die Systemische Therapie und die Verhaltenstherapie.

 

Verhaltenstherapie - Was ist das?

Ich arbeite nach dem Ansatz der prozessorientierten biografisch-systemischen Verhaltenstherapie. Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass das individuelle Verhalten im Verlauf der Lerngeschichte (Biografie) gelernt wird und somit auch wieder "verlernt" bzw. besser "umgelernt" werden kann. Auch können bestimmte Prozesse neu gelernt werden. Unter "Verhalten" wird hierbei aber nicht nur das sichtbare "Handeln" verstanden, sondern auch innere Prozesse, wie Gedanken, Gefühle und Körperreaktionen. Grundlegend für die Verhaltenstherapie ist auch eine Orientierung an z.B. psychologischen Grundbedürfnissen, Werten oder Zielen.

Durch die Methoden und Techniken der Verhaltenstherapie werden Lernprozesse angestoßen, um unerwünschte oder problematische Verhaltensmuster zu verändern und dadurch die Lebensqualität zu verbessern. Besonders wichtig ist hierbei auch die eigenverantwortliche Mitarbeit des Patienten. Daher werden gemeinsam mit dem Patienten (Veränderungs-)Ziele abgeleitet und neue Bewältigungsstrategien erarbeitet um die alten Muster abzulegen. Häufig werden dazu Selbstbeobachtungen, Analysen und Übungen durchgeführt. Der Fokus liegt zu Beginn der Therapie meist auf einer Reduktion oder Beseitigung der Symptome. Es kann jedoch auch therapeutisch sinnvoll sein, tiefer in die eigene Biografie einzutauchen um alte "Lebensfallen" (biografische Schemata) und prozessuale Muster tiefgreifend zu verändern oder schmerzvolle Erfahrungen zu verarbeiten. Dies ist jedoch im Rahmen einer Verhaltenstherapie nicht immer notwendig.

 

Typisch für die basale Verhaltenstherapie sind die folgenden Prinzipien:

  • Transparenz. Alle relevanten Aspekte im Rahmen der Therapie (Diagnostik, biographische Ursachen, Zielplanung, therapeutisches Vorgehen, Beendigung der Therapie) werden verständlich erklärt und mit dem Patienten besprochen. Der Patient soll sämtliche Schritte in der Therapie von der Entstehung der Problematik bis zu den Behandlungsschritten nachvollziehen können.
  • Zielorientiertheit. Zu Beginn der Therapie werden Ziele festgelegt, mit deren Erreichung dann die Therapie auch beendet werden kann. Dadurch sind Verhaltenstherapien vom zeitlichen Umfang her häufig kürzer als andere Therapieformen (z.B. Psychoanalyse, Tiefenpsychologie).
  • Handlungsorientierung. Zentral ist die aktive Mitarbeit des Patienten, nicht nur während, sondern auch zwischen den Sitzungen im Alltag des Patienten. So können neue Strategien erprobt und geübt werden, bis sie quasi automatisch ablaufen und der Patient wieder mehr Freiheiten gewinnt.
  • Hilfe zur Selbsthilfe. Wichtig ist auch, die Fähigkeit des Patieten zur Selbsthilfe zu verbessern, also den Patienten dazu in die Lage zu versetzen, sein eigener Therapeut zu werden. Der Patient soll so früh wie möglich wieder unabhängig vom Therapeuten werden und auch für zukünftige Belastungen und Krisen besser gewappnet sein.
  • Symptom- und Hintergrundorientierung: Die Behandlung orientiert sich i.d.R. zuerst an der aktuellen Symptomatik und versucht die Symptome durch gezielte Interventionen zu verbessern. Ebenso stellt die Verhaltenstherapie immer wieder aktuelle Problem- bzw. Konfliktsituationen ins Zentrum der Behandlung. Wichtig kann jedoch auch die Arbeit am individuellen "Hintergrund" des Patienten sein. Dabei werden Aspekte der Lebensgeschichte und der aktuellen Lebensumstände berücksichtigt und bearbeitet, da diese meist verantwortlich für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptomatik sind. Auch kann manchmal die (meist unbewusste) Funktion der Problematik von Bedeutung sein.
  • Empirisch-wissenschaftliche Basis. Die Verhaltenstherapie basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der empirischen Psychologie. Dabei werden Erkenntnisse aus den Grundlagenfächern (Allgemeine, Biologische, Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Sozialpsychologie) und den Anwendungsfächen (Klinische, Pädagogische und Arbeits- und Organisationspsychologie) genutzt. Biologische und neurowissenschaftliche Erkenntnisse werden dabei ebenfalls berücksichtigt. Auch die Behandlungstechniken bauen dabei auf den sich an grundlegenden psychologischen Prozessen auf und orientieren sich daran.

Ich arbeite in meiner Praxis verhaltenstherapeutisch orientiert. Aufgrund meines wissenschaftlichen und praktischen Hintergrundes arbeite ich jedoch im Speziellen auch integrativ mit tiefenpsychologischen, systemischen, gestalttherapeutischen, schematherapeutischen, dialektisch-behavioralen, akzeptanz- und commitmentbasierten (ACT) und achtsamkeitsbasierten Methoden und Techniken. Die Gesamtbehandlung orientiert sich jedoch immer an einer verhaltenstherapeutischen Basis.

 

Früher wurde in der Psychotherapieforschung v.a. untersucht, ob ein bestimmtes Verfahren wirksam oder besser ist, als ein anderes. Die frühere Psychotherapieforschung war daher v.a. verfahrens- bzw. "schulen"geleitet (also z.B. Psychoanalyse vs. Verhaltenstherapie vs. Medikamente). Dies ist und war auch wichtig, um zu verstehen ob ein bestimmter Ansatz grundsätzlich effektiv ist.

 

Heute ist die Psychotherapieforschung darüber hinaus auch prozessorientiert. Sie will verstehen, welche Aspekte bestimmter Therapieverfahren wirksam sind und warum.

 

Die moderne Verhaltenstherapie hat sich seit den 60er Jahren sehr stark entwickelt. Das zunächst nur beobachtbare Verhalten wurde ergänzt mit kognitiven Prozessen (z.B. Umstrukturierung des Denkens), emotionalen Prozessen (z.B. Emotionsregulation) und auch somatischen Prozessen (z.B. Embodiment). Es entwickelten sich immer mehr neuere verhaltenstherapeutische Ansätze, die auch andere Verfahren in das lerntheoretische Modell der Verhaltenstherapie integrierten. Beispiele hierfür sind die sog. "Zweite-Welle", im Sinne der Kogntiven Verhaltenstherapie und die "Dritte-Welle-Verfahren" der Verhaltenstherapie wie die Schematherapie, die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) oder die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) und viele andere. In diesen Therapieverfahren werden historische Techniken und Methoden verhaltenstherapeutisch integriert (z.B. aus der "Achtsamkeit", "Gestalttherapie", "Psychoanalyse").

 

Mit der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) entstand eine zunehmend prozessorientierte Sichtweise auf die Psychotherapie. Die Prozessorientierte bzw. Prozessbasierte Verhaltenstherapie fokussiert damit verstärkt auf psychologische Kernprozesse und nutzt individuell angepasst spezifische Techniken aus den unterschiedlichen Verfahren und Methoden der Psychotherapie.

 

So können z.B. zur motivationalen Steuerung "Grundannahmen", "Werte", "Ziele", "Kernbedürfnisse" oder "Emotionen" genutzt werden. Zur Verarbeitung emotionaler Prozesse, kann z.B. mit Gedanken gearbeitet, aber auch mit körperorientierten Techniken vorgegangen werden.

 

Wie wirkt Psychotherapie?

Durch die therapeutische Beziehung, haben Sie die Möglichkeit neue Erfahrungen zu machen und sich selbst näher kennen zu lernen. Therapeuten stellen, im Gegensatz zu Alltagsbeziehungen, die Bedürfnisse des Patienten in den Vordergrund. Sie bieten eine ehrliche und wertschätzende Atmosphäre. Dadurch gewinnen Sie einen erweiterten Blick auf Ihre Ressourcen und gewinnen an Selbstwert. Die Therapie soll Ihnen einen sicheren und vertrauensvollen Raum bieten, damit Sie sich auch mit schwierigen Themen auseinanderetzen können.


Durch Reflexions- und Fragetechniken werden Sie angeregt, neue Blickwinkel zu gewinnen, Lebensfallen aufzudecken und zu verändern, alte Denk- und Verhaltensgewohnheiten zu hinterfragen und neue Lösungsansätze zu entwickeln. Durch klärende Fragen können konfliktreiche Beziehungen verstanden, verändert oder bewältigt werden.

 

Durch praktische Übungen während der Therapiesitzungen und in Ihrem Alltag, gelingt es Ihnen, problematische Verhaltensweisen zu entdecken, alternative Verhaltensweisen zu entwicklen und neu zu lernen. Dadruch erweitern Sie Ihren Handlungsspielraum und gewinnen neue Freiheiten.

 

Sie erlernen Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Techniken, die für Sie neu sind oder die Sie noch weiter ausbauen wollen oder müssen. So gibt es beispielsweise Strategien zum Umgang mit Gefühlen, Fertigkeiten in sozialen Kompetenzen, Strategien um mit unangenehmen Gedanken umzugehen usw.


Wir sind intelligente Wesen und lernen daher aus der Vergangenheit um die Gegenwart zu bewältigen. Menschen leben in der Gegenwart daher immer auch einen Teil ihrer Geschichte. Alte seelische Wunden oder schmerzliche Erinnerungen beeinflussen daher manchmal unser gegenwärtiges Erleben und Verhalten. Durch die Bearbeitung der Vergangenheit, können vergangene schmerzliche Erlebnisse erinnert und verarbeitet werden. Hierzu gibt es ein breites Spektrum unterschiedlicher Methoden und Techniken um Themen aus der Vergangenheit zu berarbeiten und schließlich gesunheitsdienlich in der Gegenwart zu bewältigen. Eine Bearbeitung der Vergangenheit ist jedoch nicht in jedem Fall nötig. Psychische Störungen können auch auftreten obwohl man in einem liebevollen und wertschätzenden Elternhaus aufgewachsen ist.